Florian Schleicher ist Marketingstratege und -coach. Anfang 2022 hat er FutureS – ein strategisches Impact Marketingstudio gegründet. Damit hilft er großen Marken und Start-Ups mit seiner erfahrenen Außenperspektive, Ziele und nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Kurz: Seine KundInnen mit strategischem Marketing aufs nächste Level zu bringen – die Zukunft. In den letzten 15 Jahren hat Florian das Marketing bei McDonald’s, Greenpeace und Too Good To Go geführt und mitgestaltet. Privat liest er gern und viel, er ist ein großer Grünteeliebhaber und fasziniert von der Zukunft – nah und fern.
Was treibt Dich im Leben an?
Wir stehen vor großen Herausforderungen und Veränderungen. Das Wort “Polycrisis” beschreibt die wirtschaftlichen, ökologischen und geopolitischen Probleme, die wir gerade alle spüren. Ich möchte dabei nicht einfach zusehen, sondern eine aktive Rolle spielen. Ich bin ein Zukunftsoptimist, bin aber auch der Meinung, dass wir etwas tun müssen, damit diese Zukunft schön und lebenswert wird. Dieser Drang, die Zukunft mitzugestalten, treibt mich an.
Du hast ja schon einige spannende berufliche Stationen hinter dir. Was hast du da für deine Entwicklung mitgenommen?
Ja, da war echt schon Einiges dabei. Aus meiner Agenturzeit als strategischer Berater habe ich mir mitgenommen, wie wichtig es ist, Inhalte so zu vermitteln, dass sie klar verständlich und anwendbar sind. Mein damaliger Chef und Mentor hat mich so oft Schleifen drehen lassen, bis ich vollkommene Klarheit in den Problemen und Lösungen meiner KundInnen hatte. Im Marketing bei McDonald’s habe ich gelernt, große Kampagnen umzusetzen, digital wie analog, vom Filmdreh bis zum Flyer und Marketing über die 4Ps (Product, Price, Place, Promotion) zu denken. Gleichzeitig habe ich dort erlebt, wie wichtig es ist, eine klare Zielgruppenbeschreibung zu haben, um erfolgreiche Kampagnen umzusetzen.
Bei McDonald’s erwachte dann auch mein nachhaltiges Gewissen und ich habe mich dazu entschlossen, meine Erfahrungen für Nachhaltigkeit einzusetzen. Deshalb bin ich dann ins Marketing von Greenpeace gewechselt, wo ich das Glück hatte, mich in einem großen Marktforschungsprozess intensiv mit den Bedürfnissen und Interessen von Menschen rund um Nachhaltigkeit und unserer Umwelt zu beschäftigen. Das alles konnte ich dann als Head of Marketing der Initiative und App gegen Lebensmittelverschwendung Too Good To Go einsetzen und kombinieren. Und das war ein richtig schönes Gefühl, dass dort alles so zusammengelaufen ist. Bei Too Good To Go konnte ich eine Marke und ein Team von Null aufbauen und habe in der Umsetzung gelernt, welche Kraft eine gute Geschichte hat. Jetzt lerne ich auch im Unternehmertum jeden Tag mehr über mich und von und mit meinen KundInnen.
Wie ist es zum Blog FutureS gekommen?
Das ist eine lustige Geschichte – Am Anfang der Selbstständigkeit dachte ich “Ab sofort werde ich jeden Montag leicht aufstehen und mich auf meine Arbeit freuen.” Und das lief auch die ersten Monate genauso. Dann kam aber auch hier ein Alltag und ich habe gemerkt, dass ich gerne länger im Bett bleiben würde. Also, Problemlöser, der ich bin, habe ich mir etwas gesucht, dass mich am Montag wieder mit Freude aufstehen lässt – und bin zum Schreiben gekommen. Im Sommer 2022 war es einfach nur ein Hobby, mit dem ich komplexe Themen einfach erklären wollte. Jetzt sind über 1.000 LeserInnen dabei, wenn ich über Marketing, Nachhaltigkeit und Strategien schreibe. Das erfüllt mich mit sehr viel Stolz und Freude, dass mein Zeitvertreib auch so einen Mehrwert für Andere bringt.
Was willst du damit erreichen und wen willst du damit ansprechen?
Mir geht es darum, MarketingmanagerInnen und GründerInnen Inspirationen, Insights und Leitfäden für ihren Alltag zu geben, und mit meiner erfahrenen Außenperspektive dabei zu helfen, Themen so einzuordnen, dass sie bessere Entscheidungen treffen können. Ich schreibe über die Themen, bei denen ich mich am besten auskenne und die mich selbst faszinieren: Marketing, Strategien, Trends und Nachhaltigkeit. Und weil mir das nicht genug war, habe ich jetzt auch noch einen Podcast bei dem ich internationale MarketingexpertInnen zu Strategien und Nachhaltigkeit interviewe.
Du beschäftigst dich ja sehr intensiv mit Fragen rund um Nachhaltigkeit und Green Marketing. Was sind die Bausteine für eine gute „Green Marketing“ Kampagne? Wie kann der Beitrag von Marketing zur notwendigen grünen Transformation ausschauen?
Marketing hat ja eine große Aufgabe: Die Ankurbelung von Verkäufen, seien es Produkte oder Dienstleistungen. Das geschieht mit viel Psychologie – es steckt also eine große Kraft dahinter, wenn wir Bedürfnisse in Menschen wecken, die sie oft vielleicht noch gar nicht kennen. Green Marketing bedeutet für mich, bei all dem Fokus auf Verkäufe auch die enden wollenden Ressourcen unseres Planeten im Auge zu haben. Das ist eine komplexe Angelegenheit, aber wichtige Verantwortung, der wir uns im Marketing bewusst sein müssen.
Wie funktioniert das?
1) Zuerst beginnt Green Marketing mit einem klaren Verständnis der Ausgangssituation, der Diagnose: Was macht das Unternehmen bereits “gut und schlecht”? Wir müssen beide Seiten ernsthaft verstehen. Dann müssen wir auch verstehen, was die Menschen, an die wir verkaufen wollen – unsere Zielgruppen – beschäftigt. Und das sind oft die Themen Nachhaltigkeit und Zukunft. Da sehen wir, dass 60% der KonsumentInnen in Österreich bereit sind, mehr Geld für nachhaltige Produkte zu bezahlen. Wir müssen über Insights genau hinter die Kulissen von Bedürfnissen blicken.
2) In einem nächsten Schritt müssen wir Ziele setzen, die wir mit unserem Marketing erreichen wollen. Das bedeutet Ziele für den Profit unserer Marke UND Ziele für den nachhaltigen Impact auf unsere Umwelt. Und diese Ziele müssen SMART definiert werden.
3) Dann, wenn wir die Schritte 1 und 2 gegangen sind, gehen wir in die Kommunikation, in der wir uns auch überlegen müssen, welche Botschaften wir senden (“Kauf mehr” oder “Kauf besser”?) und auch wie die Produktion der Werbemittel abläuft (müssen wir einen Werbespot in Südafrika drehen oder geht das lokaler?).
Viele Unternehmen sehen einfach das große Potenzial einer nachhaltig denkenden Zielgruppe – 58% aller KonsumentInnen wählen Marken, die ihre persönlichen Werte repräsentieren und für etwas Größeres als nur Produkte und Services stehen (https://www.lsnglobal.com/news/article/24740/stat-generation-alpha-are-proficient-with-voice-assistants). Für mich ist deshalb das Sprichwort “Tue Gutes und rede darüber” wichtig – zuerst müssen wir auch wirklich etwas “Gutes” tun, bevor wir unsere Ambitionen groß nach außen tragen. Das ist sonst pures Greenwashing.
Wir Marketeers müssen uns entscheiden: Helfen wir Unternehmen dabei, Greenwashing zu betreiben, oder nutzen wir unsere Kreativität, um zusammenzuarbeiten und einen Beitrag für eine bessere Zukunft zu entwickeln?
Diesen strategischen Ansatz bringe ich auch allen TeilnehmerInnen der Simple & Sustainable Marketing Academy bei.
Du beobachtest die Entwicklungen rund um Nachhaltigkeit ja sehr genau. Wo stehen wir da jetzt?
Das ist eine spannende Sache. Ich erlebe, dass der Großteil der ManagerInnen sagt, dass Nachhaltigkeit eine persönliche Herzensangelegenheit ist. Und gleichzeitig passieren wenig echte Veränderungen in ihren Aktionen – was dazu führt, dass unsere CO2 Emissionen ansteigen, obwohl Nachhaltigkeit in aller Munde ist. Was wir meiner Meinung nach gerade brauchen, sind zwei Aspekte:
1) Echte ExpertInnen, die Erfahrung in der Umsetzung von nachhaltigen Projekten und Marketing haben, die sich nicht mit Lippenbekenntnissen zufriedengeben und als VordenkerInnen die Branche vorantreiben.
2) Mehr gute Beispiele von Unternehmen, die neue Wirtschaftsmodelle und nachhaltige Wege beschreiten – von denen Andere wiederum lernen können.
Damit Nachhaltigkeit wirklich gelebt wird, brauchen wir also mehr echte Erfolgsgeschichten.
Wer ist da eigentlich besonders gefordert. Die Politik, Wissenschaft, Unternehmer, Konsument ….?
Die Probleme, die wir haben, entstehen in der Wirtschaft, wo durch Produktion, Transport und Wirtschaftspraktiken ein negativer Impact auf die Umwelt geschieht. Aber: Unternehmen haben immer ein Ziel – Umsatzmaximierung. Sie werden daher alles tun, um das zu erreichen. Versteh mich nicht falsch, das ist keine Entschuldigung für UnternehmerInnen, nicht nachhaltig zu handeln, aber im Wettbewerb ist es schwer, die Masse dafür zu gewinnen, sich selbst sowie bewährte Systeme zu verändern. Deshalb braucht es aus meiner Sicht klare neue Richtlinien der Politik. Ein kleines Beispiel: Alle wussten, dass Rauchen und Passivrauchen gesundheitsschädlich ist, und trotzdem gab es in der Gastronomie lange kein Rauchverbot. GastronomInnen beklagten, dass sie ihre Gäste bei einem Rauchverbot an den nächsten Betrieb verlieren würden. Dann kam das Rauchverbot als politische Vorgabe, alle haben es umgesetzt, und die Gäste haben sich daran gewöhnt und sind geblieben. Wir brauchen das Korrektiv der Politik als Gegenstück zum freien Markt für gesellschaftliches und ökologisches Wohl.
Drei Dinge, die im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit sofort passieren müssen.
Erstens eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem, was in einem Unternehmen schon Gutes rund um Nachhaltigkeit geschieht, und was noch verbesserungswürdig ist.
Zweitens muss Nachhaltigkeit in jeder Gesprächsrunde, also auch im Marketing, einen Platz bekommen. Es kann nicht sein, dass es noch immer Branchenevents gibt, bei denen keine ExpertInnen für Green Marketing eingeladen sind.
Drittens brauchen wir einen laufenden Austausch zu neuen nachhaltigen Businessmodellen und Beispielen wie Produkt-Lebenszyklus Verlängerungen, regenerativen Ökosystemen, Öko-Entdeckungs Plattformen, wertebasierten Lösungen und nachvollziehbaren Lieferketten.
Was kann jeder sofort tun?
Zwei Dinge: Bevor du das nächste Mal etwas kaufst, nimm dir kurz Zeit und überlege und recherchiere, ob du mit der Auswahl des Unternehmens einen positiven oder negativen Impact auf unseren Planeten hast.
Höre nie auf zu lernen – such dir Dinge die du nicht verstehst, lerne neue Zusammenhänge kennen und erweitere dein Wissen im Nachhaltigkeitsbereich.
Was macht Dich persönlich aus?
Ich bin unglaublich neugierig und ständig auf der Suche nach Impulsen, die mich und mein Leben bereichern. Diese Neugierde macht mich auch zu einem Zukunfts-Optimisten, denn ich will, dass ich auch in 50 Jahren noch Schönes und Positives finde, das mich fasziniert.
Was würde der Welt abgehen, wenn es Dich nicht geben würde?
Die Buchbranche würde einen Vielleser verlieren. Spaß beiseite – ich glaube, es gäbe eine Stimme und einen Treiber für positive Veränderungen weniger.
Wie startest Du in den Tag? Gibt es „Rituale“ die Du umsetzt?
Mit einer Tasse gutem grünem Tee. Nichts passiert, bevor ich meine erste Tasse getrunken habe, also Wärme im Körper habe. Dabei lese ich meistens ein globales Nachrichten Update in meinem Newsletter von Quartz, dabei entdecke ich immer etwas, das mich neugierig macht.
Was braucht ein Tag, um perfekt zu sein?
Einfach gesagt: Ein Gespräch mit spannenden Fragen und nicht offensichtlichen Lösungen. Ich liebe es, Herausforderungen und Probleme zu lösen. In den letzten Jahren habe ich viele Marketingchallenges gesehen und miterlebt, da freut es mich, jetzt anderen dabei zu helfen, Ähnliches zu lösen.
Hast Du für unsere LeserInnen eine Buchempfehlung, einen Web Tipp, einen Tipp für einen inspirierenden Platz, …?
Allen Zukunfts-Optimisten empfehle ich das Buch “Imaginable” von Jane McGonigal. Für Marketeers, die Menschen mehr verstehen wollen, “Blindsight” von Matt Johnson und Prince Ghuman. Und für Strategen “Good Strategy. Bad Strategy” von Richard Rumelt.
Und für all diejenigen, die einen einfachen, unterhaltsamen und aufschlussreichen Input für ihr Marketing suchen, definitiv meinen Newsletter “FutureStrategies”
Wen sollten wir noch für „way to passion“ interviewen?
Olga Bratsun, die als Impact Consultant Unternehmen hilft die richtigen Schritte auszuwählen.
Und Michael Neulinger, der jungen Menschen hilft, ihrem Traum vom Medizinstudium näher zu kommen.
Zu guter Letzt: Kurze Fragen – kurze Antworten!
Zick-Zack Lebenslauf oder geradlinige Karriere?
Ganz gleich, Hauptsache findest du etwas, das dich erfüllt.
Arbeiten bedeutet für mich
… niemals endendes Lernen
Leidenschaftlich gerne
… lese ich Romane, die mich berühren und inspirieren.
Lieblingsort zum konzentrierten Arbeiten?
Mein Studio das ich mich als kreativen Arbeitsraum eingerichtet habe (und das auch all meine Bücher beinhaltet).
Auf meinem Smartphone Home Screen ist zu sehen …?
meine Leidenschaft, die leider oft zu weit entfernt ist – das Meer.
Um abends abzuschalten
… brauche ich gute Geschichten, die nichts mit meinem Alltag zu tun haben.