Aufgewachsen im Tiroler Inntal führte der Weg Georg Gasteiger für das Wirtschaftsstudium nach Wien. Danach folgten diverse Engagements hauptsächlich im Banken- und Medienbereich, zuletzt als Head of Creative Industries & Innovation in der Förderbank aws. Seit 2015 widmet sich Georg ausschließlich der Sanierung und Betriebsführung des Mesnerhof-C. Allerdings fühlt er sich Wien nach wie vor verbunden und bringt als zertifizierter Sensenmähtrainer den Städtern die „Kunst des langsamen Mähens“ bei.
Der Mesnerhof-C ist beseelt von der Rettung eines 400 Jahre alten Bauernhof-Ensemble im beschaulichen Tiroler Bergdorf, Steinberg am Rofan. Als Leerstand dem Verfall Preis gegeben, entwickelte sich aus der antiken Gebäudesubstanz behutsam ein einzigartiges Angebot für Community-Retreats mit bis zu 37 Personen. Heute gilt der Mesnerhof-C als die erste Adresse für „Neues Arbeiten am Land“ und wurde mit dem New Work Award 2019 sowie als Office of the Year 2020 ausgezeichnet.
Was treibt Dich im Leben an?
„Das Konkrete“ – also Dinge, die man sinngemäß am Abend zufrieden als erledigtes „Tagwerk“ erkennen kann.
Wie ist es eigentlich zum Mesnerhof-C gekommen?
Ich beschäftige mich schon sei 20 Jahren mit der Frage „wo das Neue entsteht“, insbesondere der Rolle von „Land und Natur“ im Innovationsprozess. Der radikale Umbruch der Arbeits- und Bürowelten in der Stadt führte mich dann zur Frage, wohin die urbanen Co- und New Work Tribes pilgern, wenn sie temporär raus ins Grüne wollen. Der Mesnerhof-C versucht eine Antwort für ein solche Pilgerstätte, die – wie man sieht – verstanden wird.
Wofür steht das „C“ beim Mesnerhof?
Ursprünglich referenziert das C auf die drei Ebenen der Wissensarbeit – Creation, Concentration, Communication. Umgelegt auf den semi-touristischen Kontext des Gebäudebestands steht es für Cabin, Camp & Co. Unverkopfter ist „Community“ damit gemeint und dient unromantisch zur Differenzierung in Suchmaschinen, schließlich gibt es hunderte Mes(s,ß)nerhöfe in Österreich.
Was macht den Mesnerhof so besonders?
Der Geist des bäuerlichen (Produzenten-)Lebens lässt sich überall erspüren. Es war uns wichtig, das Einfache, das Unperfekte, das Abgeschlagene sichtbar zu halten und – bei allem gegebenen Komfort – nicht im Reinraum-Fetisch drüber zu sanieren. Unsere Gäste schätzen die Originalität der kathedralenartigen Tenne, der Bauernstube, des Kuchlgwölbs, die einen stimmigen Referenz-Rahmen für Wertbeständigkeit liefert und gleichzeitig entspannt mit zeitgemäßer Technik korrespondiert.
Wer darf, soll alles zu Dir auf den Hof kommen?
Ohne pathetisch wirken zu wollen, adressieren wir auf über 1000 Meter den Spin der Berggemeinschaft. Das Erfordernis von Rücksichtnahme und Ruhe gibt allein schon die Beschaulichkeit des Bergdörfchens Steinberg mit seinen 300 Einwohnern vor. Wir versichern uns im Vorfeld einer Buchung, dass unsere „Regeln für ein gelingendes Zusammen. Sein in den Bergen“ verstanden werden. Ach ja, auch CEOs beziehen ihre Betten selbst (übrigens hochwertige Naturmatratzen). Erstaunlich ist, dass gerade Teams der Big-Corps beginnend mit Adidas, Airbnb, Airbus für ein „Abräumen vom Zuviel“ dankbar sind.
Auf der Website habe ich den Satz „Verortung ist uns wichtig“ gelesen. Wie ist das gemeint?
Wir, mein Team und ich, begegnen dem Gast nicht als KonsumentIn sondern als jemanden, der/die sich mit dem Haus und der Region auseinandersetzt. Zum Beispiel erfordert unser Service „Super-Selbstversorgung“ von der Gästegruppe – sofern sie nicht von unseren Mietköchen ein Full-Service in Anspruch nehmen – Lieferungen mit dem Bäcker, dem Metzger, dem Hühnerbauern, dem benachbarten Restaurant bis hin zu regionalen Outdoor-Guides zu vereinbaren. Allein schon dadurch entsteht eine intensivere Beziehung der Mesnerhof Community mit Land und Leuten und zwar auf Augenhöhe – im Sinne von Verträgen.
Was waren denn so die schönsten Erlebnisse am Mesnerhof?
Gute Frage Reinhard, derer sind viele. Vielleicht aus dem existenziellen Blickwinkel: die Sanierungsarbeiten waren mit finanziellen Unwägbarkeiten und Verzögerungen verbunden. So kam es, dass bei Eröffnung das Bau-Gerüst noch stand und die Arbeiter noch überall herumwuselten während die erste Gästegruppe ankam. Wir hatten uns schon auf eine Beschwerdeflut eingestellt als die staunenden Gäste ihre Smart-Phones zückten, um Fotos auf Insta etc. zu posten, begleitet von Zusprüchen à la „cool“, „geil“ und „nice“. Damit wussten wir, dass sich das Investment gelohnt hat.
Was hat Corona mit Dir gemacht? Was hat Corona mit uns als Gesellschaft gemacht?
Lock-Down 1 war sehr stressig – geprägt von Existenzängsten, fahriger Unruhe und Misstrauen dem „System“ gegenüber. Lock-Down 2 geradezu das Gegenteil – die Sinne geschärft, Prioritäten neu geordnet und viel Vertrauen in die Fähigkeit vernunftbegabter Menschen. Zum Thema Corona und Gesellschaft wurde und wird noch viel gesagt, nur nicht von mir – dabei soll es bleiben.
Corona hat den Tourismus komplett zum Stillstand gebracht. Wie wird es nach überstandener Krise weitergehen?
Ein weitläufiges Missverständnis ist die Gleichsetzung von Lock-Down und Stillstand – gerade im Tourismus. Eigentlich kann ich mich nicht erinnern, jemals so viele Nachrichten an Gäste geschrieben, Telefonate/Video-Calls geführt und ausufernde Texte gelesen zu haben, wie in dieser Zeit. In diesem Sinne hoffe ich nach der Krise auf weniger Administration und mehr an sichtbarer Gestaltung.
Du beobachtest die Entwicklungen rund um Nachhaltigkeit ja sehr genau. Wo stehen wir da jetzt?
Das Gute ist, wir stehen nicht mehr, sondern bewegen uns mit einer bis vor Kurzem noch unvorstellbaren Schwungmasse in ein „grünes Zeitalter“. Ich hätte gerne mehr Zeit, um die Vielfalt von SDG Maßnahmen besser verstehen zu können.
Wer ist da eigentlich besonders gefordert. Die Politik, Wissenschaft, Unternehmer, Konsument ….?
Wenn ich „alle“ sage, ist das gleichermaßen richtig wie fad. Den Impact, den Player am Kapitalmarkt ausüben, würde ich aber dennoch hervorheben – wenn die großen Investmenthäuser und Pensionsfonds ihre Anlagekriterien noch ernsthafter auf Nachhaltigkeit ausrichten, dann können die Industrie- und Agrargiganten dieser Welt nicht anders, als sich enkeltauglich zu verhalten.
Drei positive Beispiele im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit.
International: Great Green Wall
Lokal: Glacier, TausenundeinDach
Was kann jeder sofort tun?
Zumindest jede/r mit einem Garten kann Zonen der Artenvielfalt schaffen, indem man wachsen lässt und dann mit der Sense langsam und bodenschonend mäht – let grow & slowmow!
Könntest Du uns eins Deiner Lieblingskochrezepte verraten?
Involtini Siciliani – schaffe ich mittlerweile locker für 30 Leute
Was macht Dich persönlich aus?
Hartnäckigkeit
Was würde der Welt abgehen, wenn es Dich nicht geben würde?
Das 400 Jahre alte Mesnerhof-Ensemble wäre dem Erdboden gleichgemacht
Wie startest Du in den Tag? Gibt es „Rituale“ die Du umsetzt?
Mit Gradwohl-Dinkel-Croissant + Häferlkaffee
Was braucht ein Tag, um perfekt zu sein?
24h
Hast Du für unsere LeserInnen eine Buchempfehlung, einen Web-Tipp, einen Tipp für einen inspirierenden Platz, ….?
Mich begeistert meist, was ich gerade lese – aktuell: Gogols „Die Nase“
Wen sollten wir noch für „way to passion“ interviewen?
Thomas Eccli vom Zweitwohnsitz / Waldviertel
Zu guter Letzt: Kurze Fragen – kurze Antworten!
Zick-Zack Lebenslauf oder geradlinige Karriere?
Kreisförmig
Arbeitet bedeutet für mich …
… Neugierde
Leidenschaftlich gerne …
… Schwimmen (im See)
Lieblingsort zum konzentrierten Arbeiten?
Auf einem Bankerl in Schönbrunn
Auf meinem Smartphone Home Screen ist zu sehen …
… Das Rofangebirge
Um abends abzuschalten …
… Hörbuch – halte ich max. 5 Minuten wach durch.