Annemarie Harant ist Co-Gründerin und Geschäftsführerin der erdbeerwoche – einem Social Business für das Thema Menstruation. Seit 2011 setzt sie sich gemeinsam mit Bettina Steinbrugger für eine Revolution der Monatshygiene und einen Tabubruch der Menstruation ein. Zusätzlich ist Annemarie Teil des Podcasts TonspurN und beschäftigt sich dabei mit Fragen der Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung.

Was bedeutet die Corona Krise für dich ganz persönlich?

Ganz ehrlich: Nicht unbedingt weniger Stress! Als Unternehmerin bin ich es ja gewöhnt, dass ich mich schnell an neue Situationen anpassen muss und das ist jetzt auch so. Ich bin in der glücklichen Situation, dass die Corona-Krise bisher nicht meine eigene berufliche und persönliche Krise ist. Natürlich ist mein privates Leben, wie das von allen anderen, auf den Kopf gestellt. Zeittechnisch bin ich jedoch noch nicht beim Stadium „Sauerteig“ angekommen, aber: so viele und so gute Schlemmereien habe ich selten gekocht. Und mein neuestes kleines Freizeitprojekt ist aus Küchenresten, wie z.B. Karotten, Kräuter zu ziehen (dafür einfach den Strunk in ein kleines Gefäß mit Wasser geben, warten und sich erfreuen, wenn das Grün sprießt).

Übrigens: Wie es mir zu Beginn der Corona-Zeit ergangen ist, kann man sich einer Spezialfolge der TonspurN angehören.

Inwieweit beeinflusst die Krise Deinen Job?

Das erdbeerwoche-Team arbeitet natürlich auch seit Wochen im Homeoffice und ich bin sehr stolz auf uns, dass das so gut funktioniert. Als kleines digitales Unternehmen sind wir es daran gewöhnt, dass jede immer einmal wieder von einem anderen Ort arbeitet.

Die letzten Wochen hieß es für uns zusätzlich wieder einmal blood, sweat and some tears: Gemeinsam mit den E-Commerce-Experten von myproduct haben wir die Krisenzeit genutzt und einen super schicken neuen Onlineshop aus der Taufe gehoben und www.erdbeerwoche-shop.com einem Re-Launch verpasst. Ab sofort unterstützen wir unsere Kundinnen mit vielen neuen Services noch besser bei der Wahl des für sie perfekten Menstruationsproduktes. Auch die Lieferzeit von 1-2 Tagen können wir in der Krise aufrechterhalten.

Ein weiteres Projekt von uns, das gerade in der Zeit der Schulschließungen noch wichtiger wurde, ist unsere digitale Lernplattform für Jugendliche namens READY FOR RED, mit der Teenager zu den Themen Menstruation und Zyklus aufgeklärt werden. Wer Lehrkräfte kennt, kann sich gerne bei uns melden.

Das Thema Menstruation hat übrigens auch in der Corona-Krise eine neue Dimension bekommen: In China gab es z.B. Berichte, dass Pflegerinnen in Kliniken dazu geraten wurde die Pille zu nehmen, damit sie für das Wechseln ihrer Binde nicht so oft auf die Toilette müssen. Zusätzlich ist auch die Verfügbarkeit von Monatshygieneprodukten in der Krise in vielen Gegenden nicht selbstverständlich und auch hierzulande haben wir von leeren Tampon-Regalen gehört.

Hier geht’s zu unseren Facts und Tipps zum Thema Coronavirus und Periode.

Was vermisst Du gerade besonders?

Ich bin normalerweise gerne und viel unterwegs. Spontane Treffen und z.B. gemeinsam in einem Café in der Sonne sitzen, geht mir schon ab. Ich habe aber das Glück mit drei ganz tollen Menschen zusammenzuleben und gehöre daher nicht zu den Leuten, die alleine und isoliert sind. Da wäre ich spätestens jetzt am Durchdrehen und alle Hochachtung allen, die das hinbekommen!

Wie gestaltest Du Deinen Tag?

Aktuell starte ich tatsächlich klischeehaft mit einer 10-minütigen WG-Yoga-Session den Tag, bevor es mit einer Tasse Oolong-Tee an den Schreibtisch geht. Dann folgt ein Telefonat mit Bettina zu den Tasks des Tages und um punkt 11h gibt es unsere „erdbeerwoche-Schüttelrunde“. Das bedeutet, dass eines unserer 7 Team-Mitglieder einen Link zu einem Song in den Chat postet und wir alle gemeinsam auf dieses Lied „abshaken“.

Die virtuelle Kommunikation verlangt schon Einiges von uns allen ab. Es werden mir viele Schreibtisch-Stuten und -Hengste zustimmen, dass stundenlanges Telefonieren oder Video-Konferenzen nicht unbedingt weniger anstrengend sind als Meetings. Und Schwupps ist der Tag auch schon vorbei. Dazwischen versuche ich immer ein bisschen an die Sonne zu kommen und mich zu bewegen. Ein absolutes Highlight meiner Abendgestaltung war übrigens eine Reportage über Agatha Christie: eine absolut bewundernswerte Frau mit Jahrgang 1890, die ein quasi völlig unabhängiges Leben geführt hat, was für eine Frau in der damaligen Zeit eigentlich völlig undenkbar war. Hier zum Nachsehen!

Wie wird das Leben nach Corona für Dich ausschauen?

Ich freue mich schon alle wichtigen Menschen in meinem Umkreis wieder live und in Farbe zu sehen!

Welche Entwicklungen werden sich dadurch beschleunigen? In der Gesellschaft? In der Wirtschaft?

Unsere Generation, die in diesen Breitengraden aufgewachsen ist und weder Kriege noch Hungersnöte miterlebt hat, hat einen Vorgeschmack davon bekommen, wie es ist, wenn unsere Persönlichkeitsrechte plötzlich eingeschränkt werden. Das verursacht auch mir ein ungutes Gefühl, wenn ich auf einmal nicht mehr reisen und nicht einmal meine Familie in Bayern ohne Einschränkungen besuchen kann.
Eine Folge der Krise wird sicher sein, dass unsere Welt und die Wirtschaft noch digitaler funktionieren wird und wir uns klarerweise damit auch noch abhängiger von der Technik machen. Die Chancen und Gefahren davon aus Sicht der Nachhaltigkeit, haben wir uns im Podcast TonspurN bereits letztes Jahr angesehen:

Im besten Falle haben nach der Krise mehr Menschen verstanden, dass unser privilegiertes Leben nicht selbstverständlich ist und wir uns auf allen Ebenen noch mehr für die Themen einsetzen, die uns wichtig sind. Dazu gehört auch der Umgang mit unserem Planeten. Die Analogien zu den Folgen des Klimawandels liegen ja auf der Hand: Wenn das Klima weiter kippt, dann sind solche Ausnahmezustände auf der Tagesordnung. Die Optimistin in mir hofft daher sehr, dass dieser „Warnruf“ in Zukunft von uns als Gesellschaft aber auch in der Wirtschaft ernst genommen wird. Die nächsten Krisen werden kommen.

Kannst Du anderen mit Deiner Expertise helfen?

Ich helfe gerne, wenn ich kann! Schreiben kann mir jede und jeder z.B. auf Twitter @annemarie.harant

Ein persönlicher Tipp.

Selbstoptimierung und Sauerteig hin oder her: Das machen, auf das du gerade Lust hast!