Micha Beiglböck, geboren 1989 in Korneuburg, aufgewachsen in der Weststeiermark und Graz. Micha hat Philosophie und Rechtswissenschaften in Graz mit Auslandsaufenthalten in Israel und Mexiko studiert. Er sieht sich als Optimist, reist gerne und ist einer dieser Gutmenschen.
Mit seinem Bruder will er die biologische Landwirtschaft fördern; deshalb nahgenuss. Ziel ist es zu zeigen, dass auch kleinstrukturierte Landwirtschaft eine Zukunft hat, besonders wenn es um die Produktion von Fleisch geht. Fleisch soll als das wahrgenommen werden was es ist: Ein besonderes Genussprodukt.
Was treibt Dich an?
Ich bin davon überzeugt, dass die Welt in der wir heute leben, die beste Welt ist, die es je gab. Und dies, trotz der Kriege, der großen Armut vieler Gegenden und der großen Zerstörung der Umwelt; Dinge die es leider alle nach wie vor gibt. Was mich an der Welt an sich fasziniert, ist zu sehen, wie wir Menschen unser Zusammenleben ordnen; wie wir uns all diesen Problemen stellen. Es gibt nur noch wenige Wüsten, Urwälder oder Gebirgszüge die nicht von uns Menschen besiedelt sind. Mit so vielen Bewohnern bedarf es einer immer besseren Ordnung unseres Zusammenlebens. Gleichzeitig bringen neue Technologien neue Herausforderungen, die nicht nur neue Gesetzte fordern, sondern auch unser Zusammenleben ändern und andere soziale Normen hervorbringen.
Die Auseinandersetzung von verschiedensten Weltanschauungen über unsere Zukunft: Wohin soll sich unsere Gesellschaft entwickeln? Was sind unsere Stärken? Was müssen wir noch besser machen? Fragen die sich jeder stellen kann. Ich weiß natürlich, dass dies jetzt die großen Fragen unserer Gesellschaft sind, die aber in dieser Größe auch unser tägliches Leben im Kleinen berühren. Was unsere Zeit einzigartig und deshalb auch so interessant macht, sind die Möglichkeiten eines einzelnen Menschen darauf Einfluss zu nehmen. Jeder kann sich darüber Gedanken machen was er sich von der Zukunft erwartet und seine Ideen auch sehr leicht verbreiten. Die Möglichkeit unsere Welt, wenn auch nur im Kleinen, ein Stück weit zu verbessern, treibt mich an.
Welche Bedeutung hat gesunde Ernährung für Dich?
Zwei Aspekte sind für mich hier ausschlaggebend: Wer sich gesund ernährt bleibt länger gesund. Wichtig ist mir, dass eine gesunde Ernährung nicht eine Frage des Einkommens sein darf. Jedes Kind, jeder Erwachsene sollte die Möglichkeit haben sich so zu ernähren, um möglichst lange gesund zu bleiben.
Was mit Sorgfalt produziert wird, ist nicht nur gesund und schmeckt gut, sondern trägt auch dazu bei unseren Planeten und unsere Lebensgrundlage für die nächste Generationen zu schützen und zu bewahren.
Wann hast Du die biologische Landwirtschaft für Dich entdeckt?
Das Thema hat mich natürlich schon länger beschäftigt, und ich kenne schon seit meiner Kindheit einige Bio-Bauern sehr gut. So richtig beschäftigt mich das Thema aber erst seit einem Jahr (unserem Projektstart). Interessant ist es, mit den Bio-Landwirten zu reden und zu erfahren, welchen steinigen Weg viele gehen mussten. Viele wurden vor 20 Jahren noch belächelt; heute ist Bio-Landwirtschaft ein wesentlicher Bestandteil der österreichischen Produktion von Lebensmitteln.
Worin siehst Du die Vorteile in der Direktvermarktung von biologischem Schweinefleisch?
Desto kürzer der Weg vom Produzenten zum Konsumenten, desto besser für beide Seiten: Höhere Einkünfte bei den Landwirten und eine günstigere Möglichkeit für Konsumentinnen hochwertiges Bio-Fleisch zu kaufen. Die andere Seite ist die, dass KonsumentInnen wieder einen ehrlicheren Bezug zur Landwirtschaft und dem Produkt Fleisch bekommen. Mit eigenen Augen zu sehen, woher das Produkt kommt, zu sehen wer dahinter steht, verändert etwas beim Genuss von Fleisch. Man geht mit dem Produkt bewusster und sorgfältiger um.
Bei Eurem Konzept spielt der Konsument eine wichtige Rolle. Warum ist es Dir so wichtig Konsumenten zum Teil von „nahgenuss“ zu machen?
Fleisch war nicht immer ein „tägliches“ Essen. Es war etwas Besonderes, das es vielleicht sonntags oder an Feiertagen gab. Wir wollen dass unsere KonsumentInnen Fleisch als das wieder wahrnehmen was es ist: Ein besonderes Genussprodukt. Das soll uns durch den direkten Bezug zu den Bio-Bauern und Bio-Bäuerinnen gelingen. Gleichzeitig ist es unser Ziel, dass wieder alle Teile eines Schweines verwertet werden. Wenn ein Tier sterben muss, dann soll auch alles verwertet werden.
Hat es dafür einen bestimmten Auslöser für die „nahgenuss“ gegeben?
Gespräche mit meinem Bruder und in meiner Familie über ein derartiges Projekt hat es schon länger gegeben. Das waren dann aber eher Ideenspielereien. Das Projekt nahgenuss dann wirklich zu starten ist eher dem Zufall geschuldet.
Wo siehst Du dich mit „nahgenuss“ in einem Jahr?
Als einen kleinen aber feinen Bestandteil der österreichischen Landwirtschaft.
Was sind denn so die größten Hürden die es zu bezwingen gilt?
Wir haben ein Produkt am Markt, dass es so in dieser Form noch nicht gibt. Am schwierigsten ist es, sowohl genügend Landwirte als auch KonsumentInnen davon zu überzeugen, dass unser Weg Schweinefleisch zu verkaufen bzw. zu kaufen der Bessere ist. Dass es die Handelskonzerne in ihrer heutigen Form so gibt, hat schon einen guten Grund. Es ist ein unglaublicher Komfort zum Supermarkt um die Ecke zu gehen und Produkte aus aller Welt kaufen zu können. Dahinter steht ein riesiger Logistikapparat, den wir so in dieser Form nie werden bieten können. Uns wird es nur gelingen erfolgreich zu sein, wenn wir es schaffen, KonsumentInnen zu überzeugen, dass bei Fleisch unser Weg der Bessere für Mensch, Tier und Umwelt ist; gleichzeitig müssen wir neue Strukturen (z.B. den Postversand von Fleisch) gut nützen.
Bist Du ein neugieriger Mensch? Wenn ja, wie zeigt sich das konkret?
Ich frage und lese viel.
Was bedeutet Glück für Dich?
Als studierter Philosoph könnte ich hier sicherlich mehr sagen, aber ich kürze das Ganze ab: Keine Termine und ein Glas Bier.
Was würde der Welt abgehen, wenn es euch nicht geben würde?
Obwohl mein Bruder und ich nicht unterschiedlicher sein könnten, was uns verbindet ist unser Drang zumindest eine Kleinigkeit für eine bessere Welt beizutragen.
Worauf verzichtest Du, um Deine Leidenschaft ausleben zu können?
Auf einen klassischen Karriereweg.. Ich habe Jus und Philosophie studiert und könnte jetzt auch einen recht gut bezahlten Job haben. Diesen Weg habe ich zumindest noch nicht eingeschlagen.
Was ist eigentlich das Schönste bei Deiner Arbeit?
Die Abwechslung und die Menschen die man trifft. Auch wenn unsere Firma winzig ist, bin ich der Chef der Firma und als Chef trifft man bei Terminen mit anderen Firmen dort auch meistens den Chef. Diese Möglichkeit haben nur Wenige in meinem Alter. Gleichzeitig bin ich oft bei Landwirten zu Besuch. Dort erfährt man immer eine unglaubliche Gastfreundschaft. Da kann es schon vorkommen, dass man statt geplant einer Stunde den ganzen Nachmittag am Bauernhof verbringt und auch noch zum Abendessen bleibt.
Wer sind Deine wichtigsten und stärksten Unterstützer?
Mein Freundeskreis und meine Familie.
Wohin wird Dich deine Arbeit noch bringen? Gibt es noch geheime Projekte?
Wir haben noch keine großen Pläne, sondern versuchen uns Tag für Tag, Woche für Woche voranzuarbeiten. Mal sehen wohin die Reise geht.
Wie gelingt es Dir Menschen für Deine Leidenschaft zu begeistern?
Durch meinen Tatendrang. Ich bin ein schlechter Verkäufer. Was ich dafür gut kann, ist Ideen in die Tat umzusetzen. Wenn Leute sehen, auf mich ist Verlass, ich setzte etwas um; das motiviert.
Was sagen eigentlich Deine Freunde, Dein Umfeld, Deine Familie zu diesem Engagement?
Gerade am Anfang wurde ich schon hin und wieder belächelt. Das Verständnis für so eine Idee bekommt man erst mit der Zeit. Der Großteil meiner Freunde findet es aber toll, dass mein Bruder und ich uns trauen, das Projekt nahgenuss umzusetzen. Mittlerweile sind auch schon erste Erfolge zu sehen, was das Ganze leichter macht.
Hast Du für unsere LeserInnen eine Buchempfehlung, einen webtipp, einen Tipp für einen inspirierenden Platz, …?
Ein Buch, dass man unbedingt lesen sollten: Und zwar die Biographie von Teddy Roosevelt „The Rise of Theodore Roosevelt“ von Edmund Morris. Es ist nicht nur eine unglaublich spannende Lebensgeschichte, sondern zeigt auch sehr gut, wie sich die Welt in 100 Jahren verändert hat. Ein Beispiel: Heute wäre es undenkbar, dass ein US-Präsident nicht erreichbar ist. Teddy Roosevelt war oft Wochen alleine in der Wildnis der USA, ohne dass jemand gewusst hätte, wo er genau ist.