Michael Reiter ist 39 Jahre und kommt aus Wels. Nach seiner Tischlerausbildung in der Fachschule Hallstatt hat Michael zweimal ein halbes Jahr als Möbelrestaurator gearbeitet, eines davon in Chicago. Danach hat er für Hali Büromöbel Büros geplant. Für den Posten, den er haben wollte, wurde dann ein externer Mitarbeiter eingestellt, daraufhin hat Michael die Berufsreifeprüfung gemacht um schließlich „Design- und Produktmanagement“ an der FH Salzburg studieren zu können.
Über ein Austauschprogramm der FH Salzburg, hat er noch einen MBA an der Arkansas State University in Jonesboro, AK absolviert. Nach eineinhalb Jahren in Mainz hat es ihn nach Wien verschlagen, wo er dann 5 Jahre bei Henkel im Marketing und Sales gearbeitet hat. Zwischenzeitlich hat er von innatura in Köln gelesen und war von der Idee sehr begeistert und hat sich gleich einmal gefragt ob es sowas in Österreich bereits gibt. Da nichts Vergleichbares zu finden war, hat er mit Freunden 2016 „Die Fairmittlerei“ gegründet.
Die Fairmittlerei nimmt non-food Produkte, die von Industrie und Handel nicht mehr verkauft werden (können) als Spende entgegen und vermittelt sie an NGOs für eine Art „Unkostenbeitrag“. Dadurch sparen sich Industrie und Handel Entsorgungskosten und verstärken ihr soziales Engagement, NGOs sparen Geld und ganz nebenbei wird auch die Umwelt geschont, da weniger Ware (ungenutzt) entsorgt wird.
Was treibt Dich im Leben an?
Ich weiß es nicht genau! Vielleicht, dass ich einfach Glück hatte in einem wohlhabenden Land geboren worden zu sein, und die Chance hatte, etwas aus meinem Leben zu machen. Davon möchte ich einfach etwas zurückgeben. Gemeinsam geht es einfach leichter!
Wann hast Du genau dieses Projekt entdeckt?
Im Mai/Juni 2015 habe ich von innatura in Deutschland gelesen. Durch meine Erfahrung bei Henkel habe ich gewusst, dass immer wieder etwas übrigbleibt, was nicht verkauft werden kann. Warum das nicht einfach an hilfsbedürftige weiter vermitteln?! Die einen haben zu viel, die anderen zu wenig. … und dazwischen ist ein Loch. Das möchte ich ausfüllen.
Wie ist denn die Idee bei den unterschiedlichen Partnern aufgenommen worden?
Ganz unterschiedlich, jedoch meist positiv. Manche waren begeistert, andere waren eher skeptisch. Aber es leuchtet jedem/-r ein, dass es Sinn macht!
Was ist eigentlich das Spannendste bei der Arbeit mit der fairmittlerei?
„Das spannende“?! … was ist nicht spannend an der Fairmittlerei?! Es ist toll, ein Projekt von null auf aufzuziehen. Es ist super spannend, was alles passiert, sowohl erfreulich, als auch ernüchternd. Wir sind inzwischen ein Team von 17 ehrenamtlichen, mit komplett unterschiedlichen Hintergründen, Ausbildungen, Jobs, Stärken, … Es macht einfach Spaß mit ihnen zusammen zu arbeiten. Ausserdem stoße ich regelmäßig an Grenzen. … um dann festzustellen, dass es nur Grenzen meines bisherigen Wissens bzw. Vorstellungsvermögens waren. Ich lerne extreeeeeem viel dazu. Tag für Tag!
Wo würdest Du konkrete Hilfe benötigen?
Wir benötigen:
a) Kontakte zu Unternehmen, die uns Produkte spenden könnten.
b) Geld um unser operatives Geschäft langfristig etablieren zu können damit möglichst viele NGOs Geld sparen können und um möglichst viel Müll zu vermeiden. Dabei freuen wir uns über große Unterstützer/Investoren, aber auch über kleine Beträge, optimaler Weise regelmäßig! 😉
Wie schauen Eure nächsten Schritte aus?
Wir sind gerade dabei unseren SpenderInnen-Pool auszuweiten um konstanter relevante Produkte anbieten zu können. Andererseits möchten wir endlich die bezahlten Arbeitsstunden von derzeit 10h/Woche erhöhen, damit wir uns schneller entwickeln können.
Welchen Stellenwert nimmt das Themenfeld Social Entrepreneurship bei Dir ein?
Einen sehr großen! Es ist ein äußerst interessantes Spannungsfeld, zwischen „gutes tun“ und „nachhaltig zu wirtschaften“. Wie niedrig kann man die Preise ansetzen um möglichst viel Impact zu generieren und wie viel müssen wir verlangen, damit wir wirtschaftlich überleben können?! Wie viel darf ich mir dann mal bezahlen? Wie viel muss ich, damit es keine Selbstausbeutung wird? Aber das Schöne am „Social Entrepreneurship“ ist einfach das Aufbauen eines Unternehmens und dabei Gutes tun!
Bist Du ein neugieriger Mensch? Wenn ja, wie zeigt sich das konkret?
Ich würde jetzt gerne sagen, dass ich sehr neugierig bin, aber es erschreckt mich manchmal, wie sehr ich an gewohnten Prozessen hänge oder mich auf gewohntes konzentriere. Eine gewisse Neugierde ist schon vorhanden, sonst hätte ich nie so ein Projekt wie die Fairmittlerei gestartet!
Was würde der Welt abgehen, wenn es euch nicht geben würde?
Ein verdammt cooles Projekt, bei dem 17 Leute ihre Fähigkeiten bündeln um ihre (Um-)Welt zu verbessern!
Wo findest Du den Raum um Deine Leidenschaft ausleben zu können?
… gute Frage! Ich glaube nicht, dass ich einen „Raum“ dafür brauche. Eigentlich jedesmal, wenn ich über die Fairmittlerei, unsere Arbeit und über das was wir bewirken rede. Ich glaube, der Raum ist in mir vorhanden.
Worauf verzichtest Du, um Deine Leidenschaft ausleben zu können?
Urlaub! … und meine Freunde sehe ich viel, viel, viel weniger als vorher. Was schon sehr schade ist! Zum Glück hat meine Freundin großes Verständnis für mich und die Fairmittlerei! 😉
Was ist eigentlich das Schönste bei Deiner Arbeit?
Die Abwechslung, die positiven Ergebnisse, die auch kurzfristig zeigen, dass man auf dem richtigen Weg ist und mit so vielen verschiedenen Menschen zu tun zu haben. … und so viele Leute mit tollen Ideen kennen zu lernen!
Wer sind Deine wichtigsten und stärksten Unterstützer?
Meine Freundin! Vici ist echt ein riesiger Rückhalt für mich! Aber natürlich auch meine KollegInnen bei der Fairmittlerei! … und einige Freunde, andere Social Entrepreneurs, die mir immer wieder wertvolle Tipps geben oder einfach die richtigen Fragen stellen! … und meine Freunde, die mir trotzdem nicht die Freundschaft kündigen! 😀
Wohin wird Dich deine Arbeit noch bringen? Gibt es noch geheime Projekte?
Das ist eine gute Frage! Ich habe keine Ahnung! Auf jeden Fall näher zu mir selbst! Das ist fix!
Nö, da gibt es (derzeit) nix geheimes!
Wie gelingt es Dir Menschen für Deine Themen zu begeistern?
Keine Ahnung!? Ich rede einfach davon und vielleicht merken sie einfach, wie sehr ich darf brenne?!Oder sie sind von unserem Konzept begeistert, da es so einfach ist!? …wahrscheinlich eine Mischung daraus. 😀
Was sagen eigentlich Deine Freunde, Dein Umfeld, Deine Familien zu diesem Engagement?
Ich bekomme von allen eigentlich positives und bestärkendes Feedback. Sie finden es toll, wie sehr ich mich da hineinknie und was das Team schon alles erreicht hat!
Hast Du Tipps für unsere LeserInnen?
Das ist schwierig, da es sehr persönlich ist und für jeden unterschiedlich. Ich habe gemerkt, dass mich meine österreichische „sicherheitsbedachte“ Erziehung, sehr lange zurückgehalten hat, das zu machen, was ich tatsächlich möchte und was sich richtig anfühlt. Wenn, dann einfach, dass man einfach mal die Komfortzone verlassen sollte, da man dadurch zwar ab und an „verletzt“ wird, aber der Gewinn (zumindest bei mir) wesentlich größer ist! (… ich habe sie auch nur Schritt für Schritt verlassen! 😉 )
Hast Du einen Wunsch?
Bitte erzählt euren FreundInnen von uns, vielleicht arbeitet ja jemand bei einem potentiellen Spendenunternehmen, oder bei einer NGO die sich durch uns Geld sparen kann.
Hast Du für unsere LeserInnen noch einen besonderen Tipp?
„Der kleine König Dezember“ von Axel Hacke. Werden wir klein geboren und werden groß, oder ist es doch irgendwie umgekehrt? … einfach mal anders darüber nachdenken!
Wen sollten wir noch für „way to passion“ interviewen?
Erwin Glatter. Habe bei ihm ein „Mindfulness-Training“ absolviert und war extrem von ihm, seiner Geschichte und seinem Auftreten beeindruckt!
Gibt es sonst noch Geschichten, Erfahrungen die du uns erzählen willst?!?
😀 … ich habe eh schon so viel erzählt! 😀